Sonntag, 14. Juni 2015

Odyssee ins Morgenland

Wie die meisten von euch ja mitbekommen haben, bin ich heute wieder nach Edinburgh geflogen. Normalerweise eigentlich nichts weiter Nennenswertes, aber diesmal ist so viel passiert, dass ich einfach einen Blogpost darüber schreiben muss.

Alle meine Flüge von und nach Edinburgh hatten bisher eine Gemeinsamkeit: Umsteigen in London Heathrow.

An sich kein Problem, ist ja alles schön übersichtlich und gut ausgeschildert. Dieses Mal hatte ich nur eine Stunde Zeit zum Umsteigen. Um 12:25 Uhr sollte mein Flieger aus Stuttgart landen und um 13:40 Uhr der Flieger nach Edinburgh starten. Auch kein Problem. Eine Stunde reicht völlig, um durch die Security zu kommen.

Auf der Fahrt zum Flughafen kamen mir dann aber doch Zweifel:
Ich: "Was, wenn mein Flieger aus Stuttgart Verspätung hat?"
Mom: "Ach, sowas passiert doch nicht, wie kommst du denn jetzt darauf?"
Ich: "War nur so ein Gedanke..."

Wir kamen am Flughafen an, brachten meinen Koffer zum Check-in und ich bekam meinen Boardingpass - und diese Information: "Der Flug hat Verspätung."

*kein Kommentar*

Nach kurzem aber herzlichen Abschied ging es dann ab durch die Security und zum Gate. An dieser Stelle holte ich das Buch aus meiner Tasche, das ich heute Morgen noch schnell eingepackt hatte: "Night Watch" von Terry Pratchett. Hab ich zwar schonmal gelesen, aber es ist eines meiner Lieblingsbücher und immer wieder gut.

Nach ca. 15 Minuten kam vom Schalter eine Durchsage: der Flug hat Verspätung, weil der Flieger aus London nicht verwendet werden konnte (ein Grund wurde nicht genannt). Der Ersatzflieger ist gerade aus London unterwegs nach Stuttgart.

Ein Blick auf die Anzeigetafel verriet mir die voraussichtliche Ankunftszeit des Flugzeugs in Stuttgart: 12:35 Uhr. Oh-oh...

Ich ging also mit meiner Boardkarte vor zum Schalter und erklärte, dass ich einen Anschlussflug nach Edinburgh hätte. Antwort vom Person: "Ja, das haben wir schon überprüft, Sie erwischen den Flieger noch."

Ich ging beruhigt zurück zu meinem Sitzplatz und las weiter.

Um 12:35 Uhr konnten wir dann wie erhofft mit dem Boarding beginnen. Kaum saßen alle auf ihren Plätzen, kam eine weitere Durchsage vom Piloten (ab jetzt waren alle Durchsagen ausschließlich auf Englisch, also gebe ich sie um ungefähren deutschen Wortlaut wieder):

"Unser Abflug verzögert sich, weil wir noch keine Starterlaubnis haben. Das kann jetzt noch 45-50 Minuten dauern. Für uns ist das auch eine ungewöhnliche Situation, aber wenn Sie Interesse haben, können Sie solange gerne nach vorne kommen und einen Blick ins Cockpit werfen."

Wie einige von euch vielleicht wissen, übersetze ich für meine Masterarbeit eine Folge der Radio-Comedyserie "Cabin Pressure", die von einer kleinen Charter-Airline handelt. Darin kommen gelegentlich auch einige Fachbegriffe vor. Und was macht man als Übersetzer, wenn man sich mit Fachjargon nicht auskennt? Genau - man fragt einen Experten.

Und so kam es, dass ich im Cockpit auf dem Sitz des Piloten saß und mir vom Co-Piloten genau erklären lies, was es denn nun mit dem Treibstoffausgleich auf sich hat, während hinter uns einige ältere Damen den Piloten beäugten, wie junge Mädchen kicherten und alle auf Deutsch davon schwärmten, wie gutaussehend er doch wäre (man denke an George Clooney, nur mit schmalerem Gesicht und irgendwie charmanter). Eine Stewardess im Hintergrund verstand kein Wort, war aber ganz schön verwirrt von dem Gekichere, bis ich sie über den Grund für all den Spaß aufklärte - da hat sie mitgelacht.

Nach den angedrohten 50 Minuten Verspätung ging es dann endlich los und ich konnte weiterlesen.

Kurz vor der Landung kam eine weitere Durchsage vom Piloten: "Es sind jetzt noch ca. 15 Minuten bis zur Landung-"
An dieser Stelle sagte mir ein Blick auf die Uhr, dass mein Flieger in zwei Minuten starten würde-
"- und alle Passagiere mit Anschlussflügen wurden umgebucht."

Super!

Nach dem Aussteigen wandte ich mich an den ersten Flughafenmitarbeiter, der mir unter die Augen kam, erklärte mein Problem und wurde an der SEHR langen Warteschlange für die Anschlussflüge vorbeigeschickt (haha) und direkt zur Boardingpass-Kontrolle geleitet. Unterwegs fragte ich eine weitere Mitarbeiterin, ob das wirklich so richtig wäre. Sie bestätigte mir das.

Ich ging also zum Schalter, erklärte mein Problem und wurde dahin zurückgeschickt, wo ich grade hergekommen war.

Ich ging zu der armen Mitarbeiterin, die ich eben schon gefragt hatte, erklärte was passiert war, und sie führte mich zurück zum Schalter, erklärte dem Mann dort genau das selbe, was ich auch schon gesagt hatte, er schaute kurz im System nach und TADAA! plötzlich hatte ich ein Ticket für einen Flug um 15:30 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt war es 14:10 Uhr.

Vorbei an der Boardingpass-Kontrolle, durch die Passkontrolle, eine Rolltreppe hoch, zur Security. Nochmal die Boardkarte kontrollieren lassen, das ganze Handgepäck aufs Laufband, durchleuchten lassen, am anderen Ende warten und ... die Kiste mit meinem Laptop, Laptoptasche und Kindle wurde per Zufallsprinzip für eine Stichprobe ausgewählt. Tasche und Kindle waren okay, vom Laptop wurden Abstriche gemacht. Ich frage mich, ob sie auf Sprengstoff oder Drogen getestet haben und wer denn so blöd ist, eines von beidem auf dem zugeklappten Laptop zu verwenden.

Mit noch etwa 40 Minuten Luft schaffte ich es zum Gate und mein Flieger nach Edinburgh startete pünktlich um 15:30 Uhr. Zur Erinnerung: eigentlich hätte ich schon um 15 Uhr in Edinburgh sein sollen.

Um 17 Uhr bin ich endlich gelandet und war gegen halb 6 an der Uni, wo die Haustür sich prompt weigerte, meine Schlüsselkarte zu akzeptieren, weshalb ich mein Gepäck die Treppe runter schleppen musste, um durch die andere Tür reinzugehen und dann mit dem Aufzug wieder nach oben zu fahren. Inzwischen läuft die Karte wieder tadellos...

Kaum angekommen kam auch schon Sabi rüber, um mir die Bücher zurückzubringen, die ich ihr geliehen hatte, und mich auf den neuesten Stand zu bringen. Zwei meiner Mitbewohner, Izzy und Robb, haben ihr Zimmer ( = Robbs Zimmer) verlassen und wohnen jetzt vorübergehend in der Stadt. Wir haben also plötzlich ein freies Zimmer.

Auf dem Weg in die Küche fragte ich: "Ist da schon jemand eingezogen?"
Sabi: "Keine Ahnung, aber Jafar (der mit uns studiert) wollte auch in die Christina Miller Hall ziehen."
Ich mach die Küchentür auf und wer steht in der Küche? Jafar.

Ja, so wie der Bösewicht aus Aladdin. Aber Jafar ist ein netter Kerl, mitte 40, aus dem Irak oder Iran, der mit uns zusammen Übersetzen studiert - Arabisch-Englisch in seinem Fall.

Mal sehen, wie dieser Bewohnerwechsel sich auf die allgemeine Atmosphäre in der Flat auswirkt - vor allem jetzt, wo Bobby grade in Deutschland ist und somit unser größter Charmebolzen fehlt.

Mehr Infos gibt es demnächst.

Cheers!

PS: Bin bei Night Watch auf Seite 294, was beweist, dass ich viel zu viel Zeit hatte.

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